Oh Herrin, Oh Herr …
dein Geschlecht weiss ich nicht zu nennen,
und womöglich stehst du auch
über all diesen irdischen Dingen,
als Licht der Lichter,
als Kraft aller Kräfte;
doch ich wünschte mir
die gütige Milde einer Mutter
und die gütige Strenge eines Vater in dir.
Am meisten sehnt es mich aber
in deinen weichen Schoss,
mehr noch als in deine starken Arme.
Wie dem auch sei und wer du auch bist,
es ändert so gar nichts an mir und meinen Worten.
Gesündigt habe ich ein Leben lang,
in Ignoranz und Stolz mich gebadet,
mich hinter Sicherheiten und
Schuldzuweisungen verkrochen,
mich vor der Verantwortung und
dem Ur-Vertrauen davongestohlen.
Ängste, Neid und Eifersucht
und Bequemlichkeit über allem.
Und gern würde ich sagen, dass mir alle
meine Sünden nun vor Augen stehen,
und entschuldigen würde ich viele davon,
denn ich wollte doch nur …
und oft konnte ich nicht anders …
Doch auch das wäre zu kurz gefasst,
wäre gelogen, feige und dumm.
Du weisst es letztlich besser,
kannst in meinem Herzen sehn,
was ich selbst kaum zu erblicken vermag,
vor lauter Gedanken.
Und gern würde ich dir erklären:
ja!, jetzt habe ich verstanden,
ja!, nun bereue ich und spüre es!
Doch es gelingt mir nicht immer.
Als Närrin wünschte ich mir Weisheit,
als Weise wäre ich gern eine Närrin.
Denn welchen Unterschied macht es,
am Ende meiner Tage.
Wie viele Narren jubelten sich ins hohe Alter,
und wie viele Reumütige und Gerechte
wurden zu früh aus dem Leben gerissen.
Und vielem Wissen folgt das Gewissen,
mit der Weisheit offenbart sich auch das Leid.
Aber wozu will man all das sehen?
Die einen feiern und tanzen,
die anderen sind ohne Ausweg
und zählen die Kranken und Toten.
Doch warum und warum nicht?
Die Suche nach einer letzten Antwort,
nach einem Sinn im Sinn selbst,
gleicht dem Versuch, den Regen
in meiner löchrigen Schürze zu sammeln.
Ich werde nur nass, das ist alles.
Man mag an Himmel und Hölle glauben
oder an Karma und an Wiedergeburt
oder am Ende daran, dass eben doch
alles nur geschieht, wie es geschieht,
dass es nun mal so ist, wie es ist.
All das gleicht wieder nur dem Versuch,
den Regen in einer Schürze zu sammeln.
Letztlich landet jeder Tropfen im
unergründlichen Meer. Immer.
Alles entsteht, alles vergeht,
woher, wohin, ich weiss es nicht.
Ich habe so viele Missetaten begangen,
und doch, im Augenblick meines Handelns
habe ich stets mein Bestes gegeben.
Und wie viele Verfehlungen werde
ich noch begehen, ganz gleich wie
achtsam und bewusst ich lebe …
Wir verstehen das Leben nur rückwärts!
Ist es dann aber nicht zu spät?
Und was weiß ich schon von deinen Gesetzen,
was verstehe ich schon davon,
wie du diese Welt erblickst und ordnest.
Ist dein richtiges auch mein richtiges?
Und ist dein falsches auch mein falsches?
Und entsprang aus vielen meiner Verfehlungen
am Ende nicht doch oft ein Quell des Rechten?
Und mündete das Rechte nicht
immer wieder und wieder im Unrechten?
Ach Herrin, ach Herr … Was weiß ich schon.
Schwer ist mein Haupt ob all der Gedanken, –
ich wüsste nicht, vor was oder wem
ich mich verbeugen sollte,
doch neigt sich mein Kopf bei dem Gewicht
ganz von selbst zu Boden nun,
und es krümmt sich unter der Last
des Alters ganz von selbst mein Rücken.
Wo ich mich setze oder niederknie,
da kniet nur die Angst oder die Vernunft,
da knie ich niemals grund- und bedingungslos,
nicht aus Demut, nicht aus Liebe.
Also, was willst du damit?!
Das Leben beugt mich schon von allein.
Der Berg der Wahrhaftigkeit bezwingt mich,
ich selbst ringe mich vor dir zu Boden.
Das ist alles was ich tun kann.
Es heißt, man solle aus seinem Herzen beten,
nicht aus seinem Kopf heraus.
Und ich verstehe, ich verstehe wahrlich.
Doch wer ist schon im Stande dazu,
wer ist schon so selbstlos,
als dass er aus ganzem Herzen beten könnte.
Ich jedenfalls kann es nicht.
Alles was ich tun kann, ist,
wieder und wieder zu versuchen,
mir mein Scheitern einzugestehen,
mich zu entlarven und zu entkleiden und
in meiner Enttäuschung vor mir selbst zu stehen.
Dann erst kann ich vor dir knien.
Wahrlich, ich habe es versucht.
Doch nichts an mir ist so rein
dass es dir gerecht würde.
Die Bücher sprechen von Gnade,
die dem Menschen zuteil würde,
wo er sich nur öffnet und offenbart,
in seiner Fehlbarkeit, in seiner Sündhaftigkeit.
Was bringt es also, um Gnade zu bitten,
mit Worten und mit Spenden,
solange man noch bitten kann.
Ist nicht erst der, der nicht mehr bitten kann
in der Lange dazu und im Herzen rein?
Gnade wird einem dann Zuteil oder eben nicht.
Was also willst du mit meinen Worten,
vielleicht weist du mir einen neuen Weg,
auf dem ich im Schweigen das Rechte
wirken und bewirken kann.
Dich mit Worten um Vergebung zu bitten,
das empfinde ich als Heuchelei,
unmöglich kann ich dir ins Antlitz sehen,
dazu bin ich zu klein und mein Ego ist zu groß.
Aber du hast dich gezeigt, immer wieder,
und manchmal hast du mich getragen.
Vielleicht spürst du ja meine Dankbarkeit …
Also, Herrin, Herr, Werauchimmer
Ich weiß nicht wie viel Zeit mir bleibt,
ich weiss nur, dass ich bereits
zu viel Zeit verloren habe.
Und schau ich mich um, in dieser Welt,
scheint manchmal fast alles verloren.
Aber womöglich ist kein Morgen zu erwarten,
bevor die dunkle Nacht nicht durchschritten ist.
Vielleicht erkennt man erst im dunkelsten Dunkel
das wahrhaftige Licht wieder.
Und so will ich weiterschreiten,
mit einer Kerze in meiner Hand,
mit einem Funken in meinem Herzen …
an der Seite derer, die mir ein Licht sind.
Nur ein Mensch unter Menschen.
Je weniger ich kann und bin,
desto mehr scheinst du.
All das werfe ich dir nun entgegen,
vorbei an vielen Ohren,
die davon nichts hören wollen.
Du wirst schon verstehen …