Wie leichtfertig es doch war, anzunehmen,
dass auch jeder andere sein Innerstes
gern ganz nach außen stülpen würde.
Damit es tief berührt werden kann,
und auch selbst tief berühren darf.
Und wie fahrlässig ich da handelte,
ohne es damals besser zu wissen,
ohne gut auf mich zu achten,
so transparent und durchlässig zu sein,
ganz offen, ganz weit, ganz weich.
So drang das Äußere der anderen, –
ihr Engstirniges, Hartes und Forderndes,
mir dann im ersten Winter gleich,
wie eine scharfkantige Lanze aus Eis,
mitten ins warme, offene Herz ein.
Immer wieder und immer tiefer.
Und stets nahm ich umgehend an,
dass ich nur nicht warm genug wäre
um das Eisige schmelzen zu können.
Dass es längst viel zu kalt sein könnte,
kam mir nicht wirklich in den Sinn;
das schien mir einfach unvorstellbar.
Also hoffte ich auf den nächsten Frühling.
Und dann auf den übernächsten.
Doch in jedem Jahr fror ich ein wenig mehr.
Da half auch kein neuer Rekord-Sommer.
Ich meinte noch, ich müsste stattdessen
nun vielleicht selbst viel kälter werden,
um mich anzupassen und abzuhärten.
Und ich übte mich auch sehr darin…
Wie kalt ich längst war, bemerkte ich nicht.
Dann brach ein anderer Schmerz herein…
Der trostloseste Schmerz den ein Herz
nicht mehr zu ertragen im Stande ist:
Das Versterben aller Gefühle selbst.
Nichts mehr spüren, lebendig tot sein,
ein leeres Herz, das völlig umsonst schlägt.
Die dunkelste und kälteste Jahreszeit
im Leben eines Menschen gewiss.
Mir blieb nichts anderes mehr übrig,
als mir mein Licht wieder anzuzünden,
mich zu öffnen und verletzbar zu sein.
Und so oft erlosch es wieder,
wenn der unbändige Wind da draußen
einen tosenden Sturm entfesselte.
Also zündetet ich es wieder an.
Wieder, und wieder, und wieder.
Es gab Nächte, da wäre ich einfach gern
eingeschlafen in der betäubenden Kälte,
auf meinem Lager verbrauchter Zündhölzer.
Und manchmal fühlt sich Kälte wie Hitze an;
dann wollte ich gern wieder ganz nackt sein.
Doch dann bist du fast schon erfroren.
Nun brennt es aber wieder, mein Licht.
Und ganz langsam fange ich Feuer;
weiß nur nicht, wofür ich brennen soll.
Ich warte noch auf den Frühling, mal wieder,
auf die ersten Knospen der Inspiration,
die wirklich auch Blüten austreiben,
aus denen Früchte heranreifen könnten;
und ich warte darauf, dass sich die Wege
unter dem Wintermantel wieder auftun.
Noch kann ich keinen einzigen erblicken.
Ich vertraue jedoch auf Gott und darauf,
dass überhaupt noch ein Weg da ist.
Wohin er mich führen wird,
das werden wir dann sehn.
Aber mich nun verschließen
und mein Licht verbergen,
das kann ich einfach nicht.
Und inzwischen erkenne ich auch,
dass ich das gar nicht mehr muss.
Denn da erscheint nun ein anderes Licht,
das alles durchdringt und umfängt,
und in das mein Licht nur hineinscheint.
Und manchmal sitze ich in diesem Licht,
schweige, und dann sind da keine
Fragen und keine Antworten mehr nötig.
Ein Licht so strahlend und warm, dass da
keine Dunkelheit und keine Kälte mehr sind.
Man muss es nur aushalten können …
Sie viel Licht, so viel Liebe … in uns.
Es wird mir den Weg schon weisen.
Gut möglich, dass es selbst
ein ganz neuer Weg für mich ist…
und vielleicht sogar der Weg der Wege.
Ins absolute Nichts jedenfalls kann
sicher kein Weg mehr führen,
komme ich doch gerade von dort,
und kehre gewiss nie mehr um.
Was habe ich also zu verlieren …
den nächsten Herzensweg nehm ich!
– Jeanne / inspiriert von Kathrina
Song beim Schreiben: David Bowie / Under Pressure Live