Zuerst beschleicht den Menschen eine beunruhigende Vorahnung, – ein wirkliches Begreifen will da einsetzen. Vielleicht Anfang vierzig oder Anfang fünfzig zum ersten Mal. Oder auch früher, wenn erschreckende Umstände ihn unsanft aus dem Lebenstraum reißen. Dann wandelt sich diese Vorahnung langsam, aber beständig zu einer Gewissheit, die eben nicht mehr nur Wissen, sondern plötzlich ein Erfahren und Erleben ist: „Gott, bald ist alles verloren!“
Wer bisher wenig gewagt, gefühlt und gelebt hat, der mag dieser Gewissheit über die Vergänglichkeit auch ebenso unaufgeregt und teilnahmslos ins Gesicht schauen, wie er dem Leben bisher unaufgeregt und teilnahmslos begegnet ist. Das Vergessen umhüllt alle Gedanken und Träume fortan mit seinem Nebelgewand und begleitet sie behutsam zur Tür und aus dem Leben hinaus. Die Welt winkt dem Menschen zum Abschied kurz nach, und dann ist er schon Geschichte,… eine Geschichte, die nichtmal in einem Geschichtsbuch stehen wird.
Wer im Leben hingegen den Verführungen der Sinne im Übermaß verfallen ist, wer unaufhörlich nur im Sichtbaren, im Greifbaren und Begreifbaren nach Erfüllung strebte, den trifft diese überraschende Vorahnung ungleich härter. Vermeintlich viel hat er zu verlieren, und so vieles will er noch gewinnen. Doch ganz gleich wie sehr er seine Sinne noch einmal an der Welt berauschen will, die Gewissheit holt einen jeden ein: „Gott, bald ist alles verloren.“ Aus dem Berauschen wird schnell ein Betäuben dann, doch die Gewissheit bleibt nackt und klar im Türrahmen stehen, bis sie begrüßt wird. Und dann mag man sich vor ihr zu Boden werfen und über die grausame Sinnlosigkeit eines Menschenlebens jammern. Für den scharfsinnigen Menschen der sinnlichen Welt nur, muss am Ende alles sinnlos und unsinnig erscheinen. Und man mag mit Gott im Übersinnlichen hadern, warum er sich denn nicht zeigt. Dann wird eine Stimme leise aus dem eigenen Herzen fragen: „Weil du niemals wirklich gesucht hast?“
Alles Wissen über die Welt und aller Treuglauben an Gott wird vom Vergessen zur Tür hinaus begleitet und ist verloren. Was der Mensch darüber hinaus besaß, das besitzen nun andere, bis sie es ihrerseits verlieren. Was vom Menschen selbst zurückbleibt, ist nur das, was über den Besitz, über den Leib, über die Sinne und die Gedanken hinaus den Menschen im Herzen überhaupt erst zum Menschen machte: was bleibt ist die Seele, die nicht verstanden, nicht besessen und nicht erblickt werden kann. Und sie bleibt nur dem, der sie mit ganzen Herzen und in Demut suchte…, der sie in sich selbst und im anderen suchte. Sie bleibt nur dem, der keine Seele im Leben verkümmern ließ und sie mit Gefühlen und Liebe nährte, weil er alle Seelen als die (S)EINE erkannte.
Sonst bleibt nichts.
Die Zeit tickt erbarmungslos herunter
und reißt alles mit sich hinfort.
Da bleibt kein Nest im Weltengeäst,
in dem wir uns vor ihr verbergen können.
Und auch im Dickicht unserer Gedanken
finden wir keine Zuflucht vor ihr.
Wir mögen alles besitzen und wissen,
doch der Zeit ist es völlig egal,
ob wir arm oder reich,
im Recht oder Unrecht sind.
In ihrer Gleichgültigkeit verschmäht
sie alles, was nicht wahrhaftig ist.
Darum folge deinem Herzen,
bevor es stehen bleibt. Folge deinen
sanften Gefühlen, bevor sie sich in
haltlosen Gedanken verirren.
Folge deiner Intuition ins wahrhaftige
Wunder deiner Gegenwart.
– janice jakait #Gedanken