In einer Welt, in der jeder dem anderen erzählen will, wie man glücklich wird, sind Menschen, die einfach zufrieden sind und niemanden überzeugen wollen, am authentischsten. Ein zufriedener Mensch bettelt nicht um Aufmerksamkeit, er ist schlicht im Einklang mit sich selbst und seinem Leben und strahlt das auch aus. Gleich einem Leuchtturm steht er einfach nur da, und leuchtet – er stürzt nicht auf-geregt herum und versucht nicht panisch jeden und die ganze Welt zu retten. Im dichten Nebel der Meinungsmacher und Selbstdarsteller sind solche Menschen heute wichtiger denn je! Menschen, die einfach zufrieden, dankbar und demütig sind. Indem sie ihr eigenes Leben leben, inspirieren sie auch andere, es ihnen gleichzutun. Und so sollten auch wir gerade achtsam darin sein, solche besonde-ren Menschen nicht zu übersehen … und wir sollten uns auf unserem zweiten Lebensweg, hin zu uns selbst, auch nicht vom panischen Tatendrang der anderen anstecken lassen …
Der oft lange und beschwerliche erste Lebensweg ist ein Weg, auf dem wir oft achtlos anderen Menschen folgen und uns ihre Erwartungen und Zielvorstellungen für das Leben übernehmen. Ein Weg, auf dem wir uns, ohne es wirklich zu bemerken, von unserem wirklichen Selbst und von unseren tiefen Bedürfnissen entfernen. Wir lassen uns von anderen erzählen, wer wir wirklich sind, und was wir zu tun haben, um zufrieden zu sein – dabei wissen die, die uns am meisten beeinflussen wollen, oft nicht einmal, wer sie selbst sind und was Zufriedenheit wirklich bedeutet. Wenn wir nicht achtsam sind, das nicht bemerken, leben wir schnell das Leben der anderen, die auch nicht ihr eigenes Leben leben. Wir jagen auf ihren Wegen ihre Ziele – wir glauben noch, es wären die eigenen und wir hoffen, es gäbe ein „Ankommen“. Und weil das nicht funktioniert, brennen wir darin aus, ständig alle äußeren Umstände und Ziele zu verändern und Tausende längst ausgetretene Trampelpfade zu beschreiten, auf denen niemand wirklich je angekommen ist – dabei ist es die Veränderung der eigenen Einstellung, die uns einen neuen, nämlich den ganz eigenen Lebensweg eröffnet.
Dieser zweite Lebensweg ist der Weg zurück zu uns selbst – zu unseren eigenen Bedürfnissen. Es ist der Weg der Ehrlichkeit und der Achtsamkeit, den man bewusst, Schritt für Schritt in der Gegenwart geht, anstatt nur mehr wage Ziele in der Zukunft zu jagen, oder vor einem etwaigen Scheitern in der Vergangenheit davonzulaufen. Es ist einfach nur Gehen, im eigenen Tempo, in der eigenen Mitte – es ist keine Flucht mehr, und es ist keine Jagd.
Es ist der Weg zurück vom Kopf ins Herz. Ein Weg, auf dem wir auch erkennen dürfen, dass wir als erwachsene Menschen die eigene Verantwortung darüber übernehmen können, ob wir unabhängig und damit frei und zufrieden sein wollen; ob wir vergeben, vertrauen, lieben und ob wir uns verantwortungsbewusst und rücksichtsvoll selbst verwirklichen wollen – um damit dem eigenen Leben und dem Leben anderer Menschen einen echten Lebenssinn zu geben. Wir lassen uns und die anderen einfach einmal in Ruhe, hören auf alles verändern und optimieren zu wollen – planen und kontrollieren nicht mehr so viel, und entdecken gerade im Vertrauen erst einmal das wirkliche Sein, bevor wir uns überhaupt weiter mit dem Seinwollen auseinandersetzen. Wer nicht weiß, wer er jetzt ist und wo die eigenen Bedürfnisse liegen – der verirrt und hofft sich nur in die Zukunft. Doch wer für die Hoffnung lebt, stirbt bekanntlich auch nur an Verzweiflung.
Der zweite Lebensweg ist ein Weg, den wir ohne Eile in der Gegenwart gehen – ein Weg der Geduld, der Ehrlichkeit und Achtsamkeit! Wenn uns Dinge wirklich etwas bedeuten, geben wir ihnen Zeit! Wenn wir uns etwas bedeuten, lassen wir uns Zeit! Zeit ist letztlich alles was wir hier wirklich besitzen. Es ist ein Weg, auf dem man auch die Verantwortung für das eigene Denken und Handeln erkennt – und die Entdeckung des wahren freien Willens, von bewussten Gedanken und Entscheidungen … anstatt Hamsterrädern und Gedankenschleifen.
Der zweite Lebensweg ist auch der Weg der Demut, des Vertrauens, der Dankbarkeit und vor allem: des großen Staunens über uns selbst und über die Schöpfung – ohne immer den grauen Filter der Logik, vermeintlicher Wahrheiten und eines Sinns zwischen die Wirklichkeit und unsere Gefühle schalten zu müssen. Es ist oft schwer, die ungefilterte Wirklichkeit zu ertragen – es macht oft keinen Sinn, dass das, was uns glücklich macht, oft keinen rechten Sinn machen will … und es macht uns trotzdem glücklich! Es ist geradezu kaum auszuhalten oft, einfach nur zufrieden zu sein – auch mal ohne Tausende konkrete und vermeintlich richtige Ziele und Erwartungen, einfach nur still zu verweilen oder nichts anderes zu tun, als das, was man eben gerade tut. Dann ist es einfach für eine Weile „nur“ so, wie es eben ist – jenseits von richtig oder falsch, von sinnvoll oder unsinnig – und die Unfassbarkeit und das Wunder des Seins und Seindürfens durchfluten uns wieder, wo wir uns nur dem Augenblick HINGEBEN. Denn letztlich ist das hier alles ohnehin mehr, als wir uns überhaupt vorstellen können.
„Schritt für Schritt ins zweite Leben“ – Gastbeitrag für @Achtsamkeit von Janice Jakait / gekürzter und abgeänderter Text aus ihrem Bestseller: „Freut euch nicht zu spät“ (Warum das zweite Leben beginnt, wenn man begreift, dass man nur eines hat). Gerade erschienen im Europa Verlag Berlin.
Sonst so: Nun ist auch „Freut euch nicht zu spät“ auf der Spiegel-Bestseller-Liste aufgetaucht. Jetzt habe ich zwei Bücher mit dem roten Bapper. Schon stolz 🙂 Ach ja, und hier noch zwei Artikel aus dem aktuellen Donna und emotion-Magazin.